Kein Fall für Zwei

Hilfe, wo ist nur das nächste Mauseloch, in dem ich sang- und klanglos verschwinden und in eine gnädige Winterstarre fallen kann?  Ein geknickter Bakenfalter sucht Asyl, denn nix ist schlimmer als Freitag, der 12. Wäre ich Idiot doch nur im Bett geblieben, ich hätte mich sooooo einfach nur einen Tag länger krankschreiben lassen müssen. Aber nein, pflichtbewusst mit noch klammem Magen und unrundem Kreislauf wanke ich gefolgt von Schlotterbeck in die Firma, um mich nach nur einer Stunde von meiner Zuhause-Verwaltungsfirma telefonisch stören zu lassen. Ein unsicheres Fräulein beschreibt ihr Anliegen dahingehend, dass meine Nachbarin 1 Stockwerk tiefer einen großen nassen Fleck in ihrem Bad beklagt und nun Ursachenforschung betrieben würde. Hauptverdächtige: die Bakenflatter von wegen nicht ganz dicht. Ich werfe ein, dass ich zur Zeit arbeite und nur schwerlich zu Hause nachsehen könne, was aber nach Rücksprache des Frolleins mit einer Kollegin unerlässlich sei. Auch mein Einwand, dass ich öffentlich unterwegs bin, zählt nicht. Mir wird gönnerhaft vorgeschlagen, die Mittagspause für diesen umständlichen Ausflug zu nutzen.

 

Nach Rücksprache mit unserer Sekretärin frohlocke ich, denn sie hat mir den Schlüssel eines unserer Firmenwagen in die Hand gedrückt, den ich daraufhin in der unübersichtlich finsteren Tiefgarage (Marke „Selbst Matula kriegt Schiss“) des riesengroßen Bürogebäudes suche. Schließlich finde ich den Kombi – eingezwängt zwischen einem anderen Fahrzeug und einer Säule. Zunächst bringe ich meinen Schatten Schlotterbeck unter, danach zwänge ich meine Baken teilweise in das Auto, putze mit dem Rest das schicke Nachbarfahrzeug und finde mich schließlich komplett im Dunkeln wieder. Immerhin springt die Kiste an und ich parke übervorsichtig in mindestens siebenundtrolfzig Zügen aus. Bloß nirgends anecken! Schließlich fährt die Karre anstupslos los und so suchen wir die Ausfahrt. Der VW weiß Bescheid, zeigt sich aber noch wortkarger als ich und so fahre ich immer wieder links, bis mir schwindlig ist. Dann endlich ein Rolltor – es öffnet sich, nix wie raus. Karte gezückt, Schranke geöffnet, nach Hause gekurvt. Kein Parkplatz, dafür regnet es wie bescheuert.

 

Dagegen kommt mir im Treppenhaus weder ein Rinnsal noch ein Wasserfall entgegen, auch mein Fußabtreter liegt artig im Trockendock und übt mitnichten für sein Freischwimmerzeugnis. Innen drin sieht es genauso chaotisch aus wie vor meiner Flucht aus der Wohnung, aber weder im Bad noch in der Küche kommen mir Fluten entgegen, die mich zu ertränken dräuen. Stinkig rufe ich das Frollein von der Hausverwaltung an und schildere den Situs. Sie fragt dümmlich, ob ich denn auch schon im Bad nachgesehen hätte. Ich hoffe nur, dass sie mein Augenverdrehen gehört hat, jedenfalls strebe ich eine baldige Beendigung dieses Gesprächs und des Ausflugs sowieso an. Frollein sieht das anders und muss die Sachlage mit der erfahrenen Kollegin besprechen, ich warte, lass mich von Kleidermanns Klavierballade nerven und krieg einen zuviel. Wiederum meldet sich das Frollein und sagt, ich soll auf den Hausmeister warten. Mein Protest erschreckt sie, sie beeilt sich zu sagen, dass dieser in 2 min. da ist. OK, er kommt nach 3 min. und konnte ja auch nix dafür. Jedenfalls stellt auch er fest, dass ich, ähm, meine Wohnung keinen Schaden hat und so darf ich zurück zur Arbeit, juchhuh. Der betagte Kombi dieselt los, sämtliche Scheibenwischer tun ihren Dienst und ich stelle mich im Stau hinten an. Die 5 km bis zur Firma ziehen sich, meine Stimmung verzieht sich in jenen Keller, in dem ich obendrein auch noch die Karre parken muss.

 

Immerhin, die Schranke zum Parkplatz lässt sich öffnen, die Einfahrt zur Tiefgarage finden. „Kurze Einfahrzeit“ lese ich noch und schon brause ich hinunter. Komme vor einem geschlossenen Rolltor zum Stehen. Nirgends eine Vorrichtung, die dieses öffnen würde. Ich komme mir nur noch dämlich vor, lege den Rückwärtsgang ein, gebe Gas und zum Glück bewegt sich der Golf wieder nach oben. Verdammt unbequem, so weit rückwärts zu fahren… Immerhin sehe ich jetzt oben ein Lesegerät, wobei mein Arm auf Anhieb natürlich zu kurz ist. Also korrigiere ich den Einfahrtswinkel, löse die Toröffnung aus und rolle wieder runter. Ins unübersichtliche Dunkel. Matula hat sich auch schon verpisst – wenn frau das olle Knitterface schon mal brauchen könnte… Immerhin habe ich mir die Parkplatz-Nr. gemerkt, sehe sie nach diversen Linkskurven wieder und stelle fest, dass die Parkbucht mitnichten breiter geworden ist. Und die Kiste nicht in der Lage ist, einen rechten Winkel zu fahren. Völlig entnervt kurve ich vor und zurück, vor und zurück. Mir fehlt der Mut zur Lücke, so’n Scheiß. Aber ich muss doch wieder arbeiten, bin schon viel zu lange unterwegs… Ich schlage rechts ein, konzentriere mich auf das benachbarte Fahrzeug links, entere die Parkbucht. Und sitze fest. Die rechte Seite des VWs klebt an der Säule. Entsetzt setze ich zurück, der re. Außenspiegel wird brutal nach hinten gebogen, es knirscht. Scheiße. Wieder sitze ich fest, gerate in Panik. Ich zwinge mich zur Ruhe, steige aus, lege den zum Glück nicht beschädigten Außenspiegel an und stelle entgeistert fest, dass die Karre tatsächlich mit Türgriff und Kunststofftürschoner an der Säule klebt. Ach du Scheiße! Ich höre Matula im Bahnhofsviertel kichern – dieser Dreckskerl. OK, Bakenfalter, reiß dich zusammen, bewege die Kiste wie ein rohes Ei, parke sie vorsichtig und ordnungshütergemäß ein und guck dir dann mal ganz in Ruhe (?) den Schaden an. Gedacht, getan – siehe da, es geht auch ohne Komplikationen, genauso wie während der letzten 29 führerbescheinigten Jahre. Auf den 1. Blick sind nur die Kunststoffe des re. Türgriffs und des Türschoners weiß wie die Säule und ein wenig abgeschabt, das lässt sich wegrubbeln. Ich atme auf – bis ich den Kotflügel hinten rechts sehe. Deutliche Kratzer! Scheiße! Und die Säule ist in derselben Höhe dunkelblau! Vernichtendes Beweismaterial, das hätte auch Matula im Vollsuff erkannt. Scheiße, scheiße, scheiße.

 

Wie ein geprügelter Hund schleiche ich nach oben, beschließe, dass da nix war, gebe Schlüssel und Papiere zurück, setze mich an meinen Schreibtisch – und beichte meine Missetaten schriftlich, frage, was zu tun ist. Halb so wild, wird mir später auch von der Personalabteilung in Konstanz bestätigt, ich hätte mir ja zum Glück das älteste Firmenfahrzeug für meine Kunststücke ausgesucht. Aber peinlich ist's und bleibt’s…

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Kommentare: 2
  • #1

    Big Al (Freitag, 12 Oktober 2012 15:39)

    Zum Glück ist Wochenende...wo kam das Wasser her? Spannung Hektik Fußpilz! Mööönsch, foltere uns nicht so auf dem ollen Spanner!

  • #2

    rabentiere (Freitag, 12 Oktober 2012 15:45)

    Bin doch selbst gefoltert - auf den heißen Kohlen im Büro hockend. Wer weiß, was mich nachher zu Hause erwartet? Sturmflut, gefolgt vom Deichgraf auf dem Schimmel reitend, Schimmel auf der Kachulatur, sämtliche die Fußböden verzierenden Hundefusseln hinfort geschwemmt?