Blau!

 

Mein knallrotes Sofa war eine Institution.

Es zog vor vielen Jahren bei mir ein. Damals war Robin Hund, die beste Schlotterbacke von allen, ein rüstiger Rentner, der das neue Möbelstück mit dem nötigen Respekt bewohnte und es weitestgehend in Ruhe ließ. 

 

Als kurz nach seinem Tod einige Jahre später die Piratenkater einzogen, musste sich das immer noch sehr schöne rote Sofa jedoch warm anziehen. Denn die kleinen Monster erwiesen sich als sehr kreative Innenarchitekten, die das arme Sofa fortan ihren Bedürfnissen anpassten. Ich hatte jedoch Glück und durfte es auch noch bewohnen, wenn sie mir genug Platz dafür ließen. 

 

Zwei artige kleine Kater aus dem Waisenhaus  - kurz nach ihrer Ankunft im September 2013
Zwei artige kleine Kater aus dem Waisenhaus - kurz nach ihrer Ankunft im September 2013
Drei Wochen Schonfrist gönnten sie mir, bevor sie mir und dem Sofa zeigten, was es bedeutet, von Katern besessen zu sein...
Drei Wochen Schonfrist gönnten sie mir, bevor sie mir und dem Sofa zeigten, was es bedeutet, von Katern besessen zu sein...

 

Die Jahre kamen und gingen, die Staubsauger auch, nachdem sie ihre jeweiligen Burnouts nicht überlebt hatten. Dummerweise hatte ich seinerzeit bei IKEA nicht geahnt, dass irgendwann Plüschpiraten einziehen würden, deren Haare robuste Widerhaken in das dummerweise! raue Sofafell verankern würden... Darüber hinaus wurden aus den schmächtigen Katerchen begnadete Innenarchitekten mit einer kühnen Krallenführung. Die Herren waren der Ansicht, dass ein gewisser langmähniger Hippielook der Couch gut stehen würde...

 

Langsam aber sicher wurde das knallrote Möbelstück immer unansehnlicher und gefiel mir nicht mehr. Allerdings hatte ich Nullbock, den  Katern ein neues zu kaufen, das sie mit Sicherheit genau wie das rote hinrichten würden. Ausgerechnet Fratzbuck brachte mich  mit gezielten Werbeanzeigen auf die Idee, der ollen Couch eine Runderneuerung zu gönnen. Es war nicht einfach, herauszufinden, welche Art von Sofahusse meinem Möbelstück auch passen würde. Ein weiteres Problem waren die dicken Kissen... das Modell Manståd gab es schon lange nicht mehr, dafür aber die Möglichkeit, für viel Kohle maßgeschneiderte Bezüge zu erwerben. Das war mir jedoch zu teuer. Und so bestellte ich kühn zwei günstige knallblaue Sofabezüge für die beiden Einzelteile des Ecksofas und beschloss, die Bezüge für die dicken Kissen selbst zu nähen. Gedacht - getan! Richtig gut nähen kann ich immer  noch nicht, aber nach viel Versuch und Irrtum war vor zwei Wochen der erste Kissenbezug fertig, der zweite folgte wenig später.

 

Gestern trafen die beiden knallblauen Bezüge ein und stellten mich vor große technische Herausforderungen, denn schließlich wollte ich zur korrekten Applikation der Bezüge die beiden Sofateile voneinander trennen. Messer, Gabel, Schere, Licht, Werkzeugkoffer und mein Fahrradtool sollten mir dabei helfen. Katerse nahmen sicherheitshalber Reißaus, als ich mich zur Hälfte in den Aufbewahrungskasten der Recamière verzog, um die  Verbindungsschrauben zu lösen. Sie hielten zusammen, aber sowas von! Es war unglaublich anstrengend, in dieser wenig ergonomischen Haltung schrauben zu wollen...

 

 

Obwohl mein begnadetes Fahrradtool der vierten Befestigungsschraube den Mittelfinger zeigte und mir gerade noch rechtzeitig eingefallen war, dass ich über einen kleinen Akkuschrauber verfüge (dieser hatte sogar noch Saft!!!), ließ sich die vierte Schraube nicht lösen. Ich kämpfte solange mit ihr, bis sie sich rundgedreht hatte. NOPE... Mir tat schon alles weh, ich wusste nicht mehr weiter. Youtube hatte einige Tipps auf Lager, die aber auch nicht zielführend waren. Zwei Unterzuckerungen später gab ich widerwillig auf, denn coronoabedingt war es müßig, Hülfe von außen holen zu wollen. Selbst ist die Frau und so brachte ich sämtliche Werkzeuge in Sicherheit und zerrte das große L-Gesamtmöbel in die Mitte des Wohnzimmers. Zunächst galt es, Unmengen von Katzenspielzeug zu asservieren und von Staub zu befreien, hinter dem Sofa zu putzen - und schließlich zu versuchen, die Bezüge über die wehrhaften L-Teile zu drapieren. Improvisation ist alles! Das Ergebnis ist kein perfektes, aber das bin ich auch nicht und so passt das. Erleichtert schob ich die schweren Teile zurück, befestigte die Sofahussen erneut, räumte die Bude auf, saugte nochmals und machte mich daran, den dritten Kissenbezug zu nähen, während meine Piraten kreativ ihre Fusseln auf den neuen Bezügen verteilten und eine ausgediente Kralle zur Deko im blauen Stoff verankerten.

 

Am späten Abend war alles fertig!!! 

 

 

Und ich habe großes Glück!

 

Denn als ich schließlich redlich erschöpft ins Bett gehen wollte, bot sich mir dieses friedliche Bild:

 

 

 

Joschij und Jurij akzeptieren IHR NEUES SOFA :-)

 

Und ich habe heute am frühen Sonntagmorgen festgestellt, dass ich ein drittes felines Monster mein eigen nennen darf. Der Muskelkater in meinen Schultern und Oberarmen miaut fröhlich und macht mich flügellahm - ich sollte mich auf meinem Sofa ausruhen, falls ich dort noch Platz finde...