Szenario tag Frei

 

Morgen für Morgen trabt die Masse uniform
im Alltagstrott dem großen Ziel entgegen
(zwanghaften Gewohnheiten folgend);
zentralisiert sich monopol
für Stunden, Tage, Monate, Jahre,
Tod.
Nachfolgende Füße stapfen in den Spuren der Vorgänger
auf dass er niemals versiege, der Strom aus
emsigen Ehrgeizkragen, verdrießlichen Gesichtern,
Macht- und Geltungssüchtigen, ausgebrannten Seelen,
Kämpfern und Verlierern
im Überdruss durch Muss.

Abgestumpftes spitzt sich zu:

Denn dieser Tag heißt Frei und nimmt sich das auch.
Heute hat der Moneymagnet Nullbock –
er zieht nicht mehr,
sondern stößt sie ab, die Massen.
Die Rolltreppe macht einen Purzelbaum rückwärts
und endlich kommt Bewegung in die erstarrte Mimik.
Der klaffende Schlund der U-Bahn verschluckt sich,
hustet und spuckt Orientierungslose auf das Trottoir.
Gleichzeitig schalten Lippenstifte um auf grün.
Das Styling verrutscht.
Laufmaschen fallen, Highheels brechen sich einen ab.
Feuchtfröhlich gestalten Sprinkleranlagen neue Frisuren und Make-downs.
Gestandene Manager verlieren zuerst ihr Konzept, danach die Contenance.
Heute klimpert in der Börse nur Kleingeld,
denn der Dax bleibt in seinem Bau
und bringt beim Billard Dow Jones auf Zack.
Die Termine in den PDAs reisen nach Jerusalem,
so dass Bürohengste nervös mit den Hufen scharren,
derweil auf Adams Äpfeln Krawattenknoten hopsen.
Flugzeuge turteln kichernd im Hangar.
Die Camelkarawane zieht bedächtig weiter –
eine Fata Morgana im blauen Dunst
MP3-Player lassen die Kopfkorken knallen
und wir Alltagstrottel lachen herzlich.

Befreit hüpfe ich nach Hause
und knuddele den Hund
der mich nach draußen wedelt.
Wir laufen fröhlich über Mut
und lassen unsere Ohren fliegen.


Regina Versen 17. Oktober 2007